Beweismaterial, Forschungsgrundlage, Wissensspeicher:
Viele Dokumente bestehen aus Papier und das ist akut gefährdet.
Wie kann es gesichert werden?
Papier ist
Beweismaterial
Nach der Machtergreifung 1933 drangsalierten die Nazis Jüdinnen und Juden, Sinti·zze, Rom·nja, Kommunist·innen, Homosexuelle und andere Bevölkerungsgruppen, die im Sinne der NS-Ideologie aus der „Volksgemeinschaft“ ausgeschlossen waren.
Im Jahr 1938 verschärften sich die Maßnahmen gerade gegen die jüdische Bevölkerung massiv. Die Familie Ehrlich musste das am eigenen Leib erfahren.
Ihre Geschichte lässt sich an den sogenannten Entschädigungsakten nachvollziehen.
Unrecht zwischen Aktendeckeln
Seligmann „Sally” Ehrlich war ein gut situierter, jüdischer Viehhändler aus dem heutigen Frankfurter Stadtteil Nieder-Eschbach. Im Mai 1939 floh er mit seiner Frau Caroline und seinen beiden Söhnen nach Argentinien, um nach Jahren der Schikane und Verfolgung durch die Nationalsozialisten mit dem Leben davonzukommen.
Daran, was damals geschehen ist, kommt man heute kaum irgendwo so nah heran wie in den Entschädigungsakten. Diese gehen zurück auf „Wiedergutmachungsverfahren” nach dem Zweiten Weltkrieg.
Auf Drängen der USA entschied der Bundestag der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland, Überlebende und Hinterbliebene von NS-Opfern für ihr Leid zu entschädigen.
Da die meisten Zeitzeug·innen gestorben sind, wächst die Bedeutung der Akten als Beweismaterial mit jedem Jahr.
Papier ist
Forschungs-
grundlage
Das Georg-Eckert-Institut in Braunschweig sammelt als einzige Einrichtung weltweit systematisch Schulbücher.
Für Forscher·innen ist der Bestand eine wichtige Informationsquelle. Wie kann er optimal erhalten werden?
Die Forschungsbibliothek im Georg-Eckert-Institut besitzt über 183.000 Schulbücher und Lehrpläne aus 176 Ländern. Die Bibliotheksmitarbeiter·innen wollen den Bestand erhalten. Für Forscher·innen aus aller Welt steht seine Nutzung im Vordergrund.
In einem KEK-Modellprojekt wird ein neues System entwickelt, das beiden Anforderungen gerecht wird.
Technologie für den Originalerhalt
Seit September 2022 hat das GEI einen eigenen kleinen Campus. Verwaltung und Forscher·innen arbeiten im umgebauten ehemaligen Schwesternheim des benachbarten Krankenhauses.
Ein nagelneuer luftiger Querriegel verbindet dieses mit der Villa: die neu gebaute Bibliothek.
Im KEK-Modellprojekt werden die Mitarbeiter·innen von der Restauratorin Cornelia Hanke darin geschult, Erhaltung und Nutzung zusammenzudenken und aus der Praxis heraus neue Konzepte zu entwickeln. Das neue Erhaltungskonzept wird anschließend als Best-Practice-Routine mit anderen Forschungsbibliotheken geteilt.
Außerdem wird Forscher·innen der direkte Zugang zu den Beständen ermöglicht. Denn durch die Suche in analogen Objekten ergeben sich neue Forschungsfragen.
Papier ist
Wissensspeicher
In Schulen wird Wissen vermittelt – und manchmal auch Kulturgeschichte bewahrt. In den Regalen ihrer Bibliotheken lagern jahrhundertealte Bücherschätze.
Das Geschwister-Scholl-Gymnasium im sächsischen Freiberg beherbergt die Andreas-Möller-Bibliothek. Ihre Sammlung umfasst rund 6.400 historische Titel, darunter über 300 Handschriften, fast 550 Inkunabeln aus dem 15. Jahrhundert sowie über 1.700 Drucke des 16. Jahrhunderts.
Die Gymnasialbibliothek ist aber kein Museum: Sie wird von Schüler·innen täglich genutzt, z. B. in der AG Bücherschätze. Die fächerübergreifenden Inhalte sollen die Jugendlichen sensibilisieren und ihnen neue Sichtweisen eröffnen.
In der Restaurierungs-
werkstatt
In der
Restaurierungs-
werkstatt
Weil Alter und Nutzung einigen Bänden stark zugesetzt haben, mussten sie restauriert werden. Deshalb wurden sie in die Leipziger Werkstatt des Restaurators Uwe Löscher gebracht.
Nach der Restaurierung wandern die Bände zurück in die Regale der Andreas-Möller-Bibliothek. Buchblock und Einband sind nun bestmöglich gesichert.
© Uwe Löscher
Man merkt den Schülerinnen der AG Bücherschätze die Faszination an, die sich für sie an der Ästhetik, den Illustrationen, der Frakturschrift und sogar am Geruch der alten Bücher festmacht.
Projekte 2022
Der Originalerhalt ist eine gemeinsame Aufgabe. Deshalb wird die Projektförderung der KEK durch Eigen-, Landes- und Drittmittel ergänzt.
Klicken Sie auf Karte, um herauszufinden, welche Fördersummen in den einzelnen Ländern umgesetzt wurden.
BKM-Sonderprogramm
Im großvolumigen BKM-Sonderprogramm fördert die KEK seit 2017 Mengenverfahren wie Massenentsäuerung, Trockenreinigung oder Schutzverpackung.
Fördersummen nach Unterhaltsträger•in
Die Bewilligungslage spiegelt die Vielfalt der kulturgutbewahrenden Einrichtungen wider. (Angaben in Prozent)
KEK-Modellprojektförderung
Seit 2010 unterstützt die KEK Vorhaben, die modellhaft, innovativ oder öffentlichkeitswirksam sind.
Mit Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und der Kulturstiftung der Länder werden deutschlandweit ausgewählte Vorhaben unterstützt.
Fördersummen nach Unterhaltsträger•in
(Angabe in Prozent)
2022 wurden in vier Kategorien der KEK-Modellprojektförderung insgesamt 22 Projekte umgesetzt.
Notfallvorsorge
Nicht erst die Hochwasserkatastrophe 2021 hat gezeigt: Ein gutes Notfallmanagement ist essenzieller Teil jeder Bestandserhaltung. Maßnahmen in diesem Bereich fördern wir seit 2010. Im Jahr 2022 haben wir die digitale Vernetzung ausgebaut.
Dieses neue Modul im KEK-Portal versammelt alle Notfallverbünde in Deutschland übersichtlich an einem Ort. Mittels validierter Daten werden nicht nur die Verbünde selbst, sondern auch deren mitwirkende Einrichtungen dargestellt. Inzwischen gibt es bundesweit rund 60 Notfallverbünde.
Mit ihren weißen Flecken macht die Karte aber auch deutlich, dass noch einiges zu tun ist.